Verkostungsprotokoll 29.9.95:
Querverkostung: Aus den wichtigsten Regionen je ein typischer Vertreter

Nach dem enttäuschenden Ergebnis der letzten Verkostung wollten wir es diesmal genau wissen. Insgesamt 9 typische Weine aus den wichtigsten Weinanbaugebieten sollten die Nagelprobe ermöglichen: Sind erfahrene Weinverkoster in der Lage, Weine zu identifizieren, die zumindest nach der Papierform sehr spezifische Eigenschaften aufweisen.
Gleichzeitig wurde nach einer Anregung aus dem Internet Virtual Vineyard eine strukturierten neue Form der Weinbeschreibung nach folgenden Kriterien versucht:
Weinprofil: 12345
Farbe: von hell rosa (1) bis undurchdringlich schwarz (5)
Konsistenz: von wässrig (1) bis dicke Schlieren (5)
Bouquet: von kaum wahrnehmbar (1) bis sehr intensiv (5)
Bouquet: gemüsig/mineralisch (1) - fruchtig/beerig (5)
Geschmack: wenig eindrucksvoll (1) bis sehr intensiv (5)
Finesse: von grob (1) bis sehr fein (5)
Extrakt: von knochentrocken (1) bis süße Dichte (5)
Säure: von säuerlich (1) bis gut maskiert (5)
Struktur: von unausgewogen (1) bis gut ausbalanciert (5)
Körper: von leicht (1) bis massiv (5)
Abgang: von ohne Abgang (1) bis sehr lang (5)
Nachgeschmack: von kurz (1) bis sehr lang (5)
Tannin: von wenig (1) bis tanninreich (5)
Faß: von holzig (1) bis gut maskiert (5)
Komplexität: von einfach (1) bis sehr komplex (5)
Entwicklungsstadium: von bereits hinüber (1) bis noch lange zu lagern (5)

Die Bewertung innerhalb jedes Kriteriums hat zwar direkt mit der Qualität des Weins zu tun, ist aber nicht bloß mit Punkten gleichzusetzen, sondern soll vielmehr die Charakteristik des betreffenden Weines betonen.

Das Ergebnis der Verkostung (die Reihenfolge der Weine wurde wieder durch Zufallsauswahl bestimmt) war das folgende:

1. Monte Bello 1991
Ridge Vineyards
USA/Kalifornien

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 4
Aroma und Bouquet 12
Geschmack und Abgang 16
Globaler Eindruck bzw. Potential 6
Gesamtbewertung 88
Sonstige Anmerkungen:
Leicht ordinäre Fruchtnote,
schwierig einzuordnen.
Die erste Zuordnung lautete auf Rhone,
Bordeaux oder Kalifornien, die eindeutige
Identifikation gelang jedoch nicht.

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 

2. Fonsalette Cuv. Syhra 1991
Jqaues Reynauds
Frankreich/Rhone

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 4
Aroma und Bouquet 12
Geschmack und Abgang 12
Globaler Eindruck bzw. Potential 5
Gesamtbewertung 83
Sonstige Anmerkungen:
Etwas trüb, sehr holzig
Wahrscheinlich Flaschenfehler.
Die erste Zuordnung lautete auf
Bordeaux oder Kalifornien, zuletzt wurde
auf Österreich getippt - ein Kardinalfehler.

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 

3.Fontalloro 1998
Fattoria di Felsina
Italien/Toskana

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 3
Aroma und Bouquet 12
Geschmack und Abgang 16
Globaler Eindruck bzw. Potential 7
Gesamtbewertung 88
Sonstige Anmerkungen:
Geschmacklich etwas dünn.
Die erste Zuordnung lautete daher auf Rioja,
Barolo oder Bordeaux, lag also komplett daneben.
Der angenehme Säurecharakter hätte klar den
Sangiovese erkennen lassen müssen

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 

4. Clos-Vougeot Grand Cru 1991
Jean-Jaques Confuron
Frankreich/Burgund

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 3
Aroma und Bouquet 14
Geschmack und Abgang 17
Globaler Eindruck bzw. Potential 7
Gesamtbewertung 91
Sonstige Anmerkungen:
Bereits am Bouquet auf Anhieb
als Burgunder identifiziert.
Insgesamt eher eine überaschend
positive Performance für einen Burgunder.

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 

5. Marques de Murietta Riserva 1990
Bodegas Marques de Murietta
Spanien/Rioja

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 4
Aroma und Bouquet 13
Geschmack und Abgang 17
Globaler Eindruck bzw. Potential 7
Gesamtbewertung 91
Sonstige Anmerkungen:
Dunkle Farbe und fruchtiger Charakter -
alles Merkmale, die wir nicht bei einem
Rioja vermutet hätten. Unser Tip ging
ins Rhonetal bzw. nach Kalifornien -
eine glatte Fehleinschätzung.

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 

6. Barolo Vigneto Arborina 1990
E. Altare
Italien/Piemont

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 3
Aroma und Bouquet 13
Geschmack und Abgang 19
Globaler Eindruck bzw. Potential 9
Gesamtbewertung 94
Sonstige Anmerkungen:
Die farblich etwas dünne Erscheinung
kann nur kurz irritieren: Das ist ein
großer Wein und ganz klar ein Barolo
neuer Machart, die wir übrigens
positiv sehen.

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 

7. Frauenkirchner St. Laurent vom Stein 1991
J. Umathum
Österreich/Neusiedlersee

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 4
Aroma und Bouquet 13
Geschmack und Abgang 16
Globaler Eindruck bzw. Potential 7
Gesamtbewertung 90
Sonstige Anmerkungen:
Die etwas ordinäre Frucht machte
Kalifornien zum heißen Tip.
Das Erkennen des Österreichers wurde
von uns als sicheres Ereignis angenommen -
Welche Fehleinschätzung!
Daß dieser Wein noch dazu zu den
besseren Weinen des Abends zählte,
kann als echte Überaschung gewertet werden.
Respekt, Herr Umathum!

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 

8. Bosquet des Papes 1990
M. Boiron
Frankreich/Rhone

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 3
Aroma und Bouquet 11
Geschmack und Abgang 16
Globaler Eindruck bzw. Potential 6
Gesamtbewertung 88
Sonstige Anmerkungen:
Die helle Farbe, der Holzton und
die mangelnde Frucht in Bouquet und
Geschmack ließen den
Tip auf Bordeaux zu. Was war mit
diesem an sich herrlichen Rhonewein
an diesem Abend los?

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 

9. Pichon-Longueville Baron 1989
Pauillac
Frankreich/Bordeaux

Punktebewertung nach Parker:
Basiswert 50
Farbe und Erscheinung im Glas 4
Aroma und Bouquet 14
Geschmack und Abgang 18
Globaler Eindruck bzw. Potential 8
Gesamtbewertung 94
Sonstige Anmerkungen:
Die dunkle Farbe, vor allem aber die
herrliche Frucht und das völlige
Fehlen des für Bordeauxs an sich
typischen Holztones machten den
Rhone-Tip zwingend.
Krasses Fehlurteil.

Weinprofil: 12345
Farbe: 
Konsistenz: 
Bouquetintensität: 
Bouquettyp: 
Geschmack: 
Finesse: 
Extrakt: 
Säure: 
Struktur: 
Körper: 
Abgang: 
Nachgeschmack: 
Tannin: 
Faß: 
Komplexität: 
Entwicklungsstadium: 


Fazit: Bei der Auswahl der "typischen" Weine haben wir teilweise leider ordentlich danebengegriffen, daher müssen wir unsere Unfähigkeit durch allgemeine Überlegungen rechtfertigen:
Weine der einzelnen Weinbau-Regionen haben sicherlich grundsätzlich typische Eigenschaften. Diese Eigenschaften treten dann besonders klar in Erscheinung, wenn es sich um sortenreine Lagenweine handelt, die ohne allzugroße Eingriffe des Kellermeisters, aber doch in einem "typischen" Stil ausgebaut werden. Das Erkennen dieser Weise ist dann zwar noch immer nicht leicht, aber anhand der "typischen" Merkmale doch auch dann möglich, wenn man kein professioneller Verkoster ist.
Weine, die aus welchen Gründen auch immer, keine so klare Linie haben (Cuvèes aus mehreren Sorten, extreme Selektion und spezielle Kellertechniken etc.) sind naturgemäß nicht mehr als "typische" Weine erkennbar. Eine positive Identifikation ist dann nur mehr dem Verkoster möglich, der den Wein mit seinen speziellen Eigenschaften - sofern er solche hat - anhand früherer Verkostungen in "Erinnerung" hat. Abgesehen von den natürlich ebenfalls unvermeidbaren Schwankungen in der Flasche (Entwicklungsstadien, Flaschenfehler, Variationen in der Abfüllung etc.) gibt es gerade bei den Spitzenweinen vielfach besondere Bemühungen des Produzenten, was dazu führt, daß gerade in der obersten Qualitätskategorie das Erkennen der Weine anhand typischer regionaler Eigenschaften nur eine untergeordnete Rolle spielen kann.
Quintessenz daher: Erkennen kann man im wesentlichen nur das, was man laufend verkostet.
Teilnehmer: Kurt Ertlbauer, Gerd Judmaier, Wilfried Knapp, Veit Ludwig, Burkhard Maier, Rudolf Novak