Weinreise 18.-21. September 2008 - Jura

Do 18. September: 15:00 Abflug Wien-Genf OS 581

Nach kurzem Warten pünktlicher und problemfreier Flug. In Genf nehmen wir den französischen Ausgang und übernehmen den Mietwagen ...

 

 

... einen grottenhässlichen Jeep SUV.

Hat aber ein eingebautes Navigationssystem, daher ist das mitgebrachte mobile Gerät überflüssig. Route quer über die Berglandschaft des Jura nach Arbois – Fahrzeit ca. 2 Stunden.

 

Ankunft in Arbois (nette Kleinstadt im Zentrum des Weinbaugebiets Jura) und mittelprächtiges Quartier direkt im Zentrum von Arbois bei Jean-Paul Jeunet. Die Unterkunft ist in typischer französischer Weise zwar nicht erstklassig und teilweise sogar eine Spur grindig, bietet aber ausreichenden Komfort für einen 3-tägigen Aufenthalt und hat den großen Vorteil, dass wir zumindest an einem Abend im Haus essen können

 

 

Der Hauptplatz von Arbois mit etwas merkwürdigem Dauer-Plastikschmuck. Der Weinbau der Region ist durch eine Vielzahl von Winzer-Vinotheken omnipräsent

 

Am Abend geht es dann in das Restaurant La Balance einige Gehminuten vom Hotel entfernt

 

 

Der Besitzer und Koch war leider abwesend und das dürfte Auswirkungen auf die Qualität des Essens gehabt haben. Der gewählte Coq au Vin Jaune war jedenfalls von erstaunlicher geschmacklicher Neutralität.

 

Die Weinkarte war aber erwartungsgemäß recht ansprechend. Folgende Weine haben wir getrunken:

 

1976 Pinte, Vin Jaune: Helles Bernstein, Nussaromen,Spur küchenkräuter, sehr kräftige Säure, intensiver Nachgeschmack. 3+12+16+7

 

1998 Overnoy/Houillon, Vin Jaune: Goldgelb, Magginote, intensive Säure, intensiver Nachgeschmack. 3+12+16+6

 

2004 Tissot, Savagnin: Helles Gelb, leicht oxidativ, schlank - geht anscheinend unter, aber besticht durch sehr intensives Aufblühen des Nachgeschmacks. 3+12+16+6

 

 

 

Fr 19. September: Der Tag begann etwas nebelig und wir erkundeten Arbois. Der wöchentliche Markt gab nicht all zu viel her – Lebensmittel der Region, Fische sowie Schuhe und Bekleidung

 

Durch den Ort fließt ein netter kleiner Fluss über mehrere teilweise sehr hohe Gefällestufen

 

Gebäude und Brücken etc. sind alle aus Stein

 

    

Am späteren Vormittag besuchen wir dann das Haus von Louis Pasteur – eine Art Zweitwohnsitz, das jetzt von der Akademie der Wissenschaften als Museum geführt wird.

Pasteur hat neben seinen vielen anderen wissenschaftlichen Errungenschaften auch erstmalig das Prinzip der alkoholischen Gärung auf Basis mikrobiologischer Aktivität von Hefepilzen erkannt und auch nachgewiesen

 

Im Garten erregt das Modell eines Bakteriums Heiterkeit. Der Nachweis, dass viele Krankheiten (davon auch viele mit tödlichem Verlauf) auf mikrobiologischen Krankheitserregern beruhen, ist die wissenschaftliche Hauptleistung Pasteurs

 

Dann kurz auf einen Kaffee bzw. Kakao beim Hirsinger (einem Chocolatier mit überregionaler Bedeutung) und dann machen wir einen Ausflug ins Weinbaugebiet Chateau Chalon

 

Die Erziehung der Rebstöcke ist hier sehr spezifisch: Eher niedrige Stöcke, aber dennoch auf Drähten hochgezogen. Mit Maschinen, die über die Rebstöcke hinweg mit je einem Rad zwischen den Rebzeilen fahren, wird dann maschinell eine sehr radikale Laubarbeit durchgeführt – schaut sehr proper aus.

 

Ansonsten gibt es im Jura sehr unterschiedliche Bewirtschaftungsformen von sehr traditionell mit offener Erde und Einsatz von Herbiziden (wie in diesem Bild) bis hin zu sehr naturnaher Bewirtschaftung mit hohem Gras zwischen den Rebstöcken

 

Die Umgebung von Chateau Chalon ist landschaftlich sehr ansprechend, auch wenn das Wetter etwas trüb war ...

 

... und Chateau Chalon selbst liegt spektakulär auf einer die vielen Klippen im Jura und gilt als eines der schönsten Dörfer Frankreichs

 

Nach einer kleinen Jause in einem netten kleinen Lokal, das uns trotz Küchenschluss noch kulinarisch versorgte (Plateau Jambon Cru und Plateau du Fromage und eine Flasche 1999 Fruitiere Vinicole de Voiteur, Chateau Chalon: Traditionell oxidativ mit Hauch Muffigkeit, etwas weniger Säure - durchaus angenehm. 3+12+16+6) machten wir eine etwa 5km lange Wanderung durch die Weingärten rund um Chalon

 

Am Abend ging es dann ca. 15km nach Port Lesney in das Restaurant Château de Germigney, das auch ein deutlich besseres Quartier gewesen wäre (allerdings mit dem Nachteil der etwas entlegenen Lokation

 

Das Essen war ausgezeichnet ...

 

... und ließ eine gewisse Zufriedenheit aufkommen.

 

Auch die Weinkarte war ganz interessant. Folgende Weine haben wir ausgesucht:

 

1999 Chateau l'Etoile, Vin Jaune: In allen Aspekten sehr dezent und möglicherweise eine Spur glatt, etwas geringere Säure. 3+12+16+7

 

2005 Ganevat, Chardonnay Les Grands Teppes V.V.: Im Stahl fermentiert und im Fass oillé ausgebaut. Etwas hell, leicht und fruchtig. 3+12+14+5

 

2006 Tissot, Trousseaux Singulier: Einfacher Rotwein, etwas rustikal, kräftige Tannine. 3+11+13+5

 

2000 Caveau des Jacobins, Vin de Paille: Mittleres Bernstein, nicht extrem süss, fast schlank. 4+13+16+6

 

Sa 20. September: Am nächsten Tag machten wir bei schönstem Wetter einen Ausflug zu den Salines Royale – zumindest war das unsere Absicht ...

 

 

... wir landeten aber irrtümlich in dem Ort Salines les Bains (einem Kurort mit Salz-Therme) – auch ganz nett, aber ohne besonderes Interesse. Aber ein kleiner Spaziergang durch den Ort und rund um die alten Anlagen der Salinen war ganz nett. Kurios war jedenfalls unsere vergebliche Suche nach der erwarteten spektakulären Architektur

 

 

 

 

 

Danach besuchten wir den kleinen Weinort Pupillin umgeben von sanften Hügeln mit Weingärten und machten dort Mittagspause im sehr netten kleinen Retaurant Le Grapiot mit einem ausgezeichneten kleinen lokalen Mittagsmenü (Linsensuppe und gebratener Schweinebauch).

 

Dazu gab es einen Wein aus dem Ort:

2006 Overnoy/Houillon, Ploussard, Arbois Pupillin: Rosé, etwas trüb. Nase undeutlich weinig, schlanker Körper, Frucht undeutlich, kräftige Tannine. Qualität als Essensbegleiter fraglich, ev. zu Käse. Interessant wegen der chemiefreien Produktion. 2+11+15+5

 

Im konkreten Fall als Essenbegleiter leider weniger passend, ein ganz einfacher Ploussard (Tischwein des Hauses) war da anscheinend geeigneter

 

 

 

Danach gab es wieder einen Spaziergang durch die Weingärten – Burkhard hat es allerdings vorgezogen, etwas in der Sonne zu ruhen

 

Interessanterweise gibt es in dieser Gegend sogar Blaufränkischen in zumindest einem Weingarten

 

Die Rebstöcke sind jedenfalls zum Teil extrem alt ...

 

... und der Traubenansatz pro Stock ist teilweise extrem – von Reduktion der Menge durch Abschneiden von Trauben kann jedenfalls keine Rede sein

 

Zwischendurch trafen wir auch ein paar Kühe.

 

Bei der Rückfahrt nach Arbois machten wir noch einen Abstecher nach Montigny-les-Arsures zum Weingut von Stephane Tissot um seinen auf der Maische vergorenen Savagnin zu verkosten – der war aber noch im Barrique und Stephane war leider nicht im Haus.

 

Im Verkaufslokal in Arbois kosteten wir dann zwar einige seiner Weine (zum Teil ohne Schwefel ausgebaut und nur bei der Flaschenfüllung mit einer kleinen Dosis zur Stabilisierung versehen), aber den angeblich sensationellen Chardonnay Clos de la Tour de Curon gab es leider nicht zum Verkosten (da die Menge zu klein ist)

 

Am späteren Nachmittag unternahmen wir dann noch einen Ausflug nach Baume-les-Messieurs, um eine alte Abtei aus dem 9. Jhdt. und den Cirque de Baume zu besichtigen

 

Das Innere der alten Abtei

 

Die Klippen rund um Baume-les-Messieurs sind vor allem aus der Nähe eher beeindruckend

 

Der Cirque de Baume ist quasi ein „Kreisverkehr“ aus Steinklippen mit einem kleinen Wasserfall im Zentrum

 

Bei der Unmenge an Steinen, die es im Jura gibt kein Wunder - auf Mauern aus Steinen verstehen sich die Leute dort

 

Am Abend ging es dann in das Restaurant von Jean-Paul Jeunet mit immerhin 2 Sternen von Michelin.

Das Interieur war leider nicht sehr ansprechend – eine Mischung von Almhütte und Grotte.

 

Wir nahmen ein Jagdmenu (einmal mit Abweichung beim Hauptgang: Poulet au Vin Jaune statt Lievre Royale), das zwar etwas schwer mit einer Gänseleber/Wild-Terrine begann, insgesamt aber recht ansprechend war – auch wenn die Qualität des Vorabends eher nicht erreicht wurde.

 

Der Sommelier (gleichzeitig auch Inhaber der Vinothek „Les Jardins de St Vincent“, deren Besuch sich aber nach diesem Abend erübrigt hat) war anscheinend auf Speed und etwas hektisch, ansonsten aber recht kompetent und interessant

 

 

 

 

 

 

 

 

         

Folgende Weine haben wir gewählt:

2004 Gahier, Chardonnay (mit oxidativem Ausbau): Hell, etwas oxidiert, schlank, deutliche Säure. 2+12+16+6

 

 2000 Montbourgeau, Vin Jaune, l'Etoile: Elegante feine oxidative Note, schlank, gute Säure, Säure und Tannine dominieren den Abgang. 3+13+16+7

 

1995 Macle, Chateau Chalon: Leicht reduktive Nase, sehr schlank, spur dünn, Abgang säuredominiert, keine Tannine. 3+11+16+6

 

1989 Overnoy/Houillon, Vin Jaune, Arbois Pupillin: Bernstein, alkoholisch, fast süssliche Anmutung (Hauch von Metaxa), mittlerer Körper, starke Säure, komplex, sehr intensiver Nachgeschmack. 4+13+17+8

 

So 21. September: Da der Rückflug erst am Abend war, konnten wir die Zeit für weitere Besichtigungen nützen – ein nochmaliger Versuch, die Salines Royale zu besichtigen, hat sich daher angeboten. Und siehe da, diesmal waren wir erfolgreich

 

Aus der Vogelperspektive sind die Salines Royale eine optische Augenweide – mit Detailphotos aus der Anlage selbst bringt man das nicht so recht rüber, auch wenn die einzelnen Gebäude recht wuchtig sind.

 

Diese „bescheidene“ Hütte aus den Salines Royale diente quasi eine Garage für das Einstellen eines Fuhrwerks – wird heute für künstlerische Installationen verwendet

 

Der neuklassische Architekt Claude-Nicolas Ledoux (18. Jhdt) war jedenfalls recht kreativ und aktiv. Neben den Plänen für diese Salinen besteht sein Werk aus einer Vielzahl sehr origineller Entwürfe und Pläne für öffentliche Gebäude und Industrieanlagen. Unter seinen Entwürfen ist auch ein Konzept für ein kugelförmiges Haus und eines in Röhrenform, durch das ein Bach fließt

Nach einem Abstecher nach l’Étoile (einer weiteren kleinen Weinappellation im Jura – kleines Dorf ohne jede gastronomische Infrastruktur) machen wir einen kurzen Stop in Lons-le-Saunier (Hauptstadt der Region Jura – Hauptplatz siehe Foto).

 

Am Sonntag ist hier eher tote Hose. In einer kleinen Brasserie nehmen wir einen kleinen Imbiß (klassische Morteau-Wurst mit heißem Cancoillote mit Kartoffeln, Rohschinken und Salat). Weine aus dem Jura gibt es hier erstaunlicherweise keine (sondern aus dem Rhonetal) – wir nehmen daher ein kleines Bier bzw. bleiben gleich bei Wasser

 

Zum Abschluss noch ein Überblick über die geografische Ausdehnung unserer Aktivitäten – in etwa so groß wie Madeira (50km lang und 25 km breit). Inkl. Fahrt von/nach Genf haben wir etwa 60 Liter Diesel verbraucht

 

Dann geht es ca. 2 Stunden wieder zurück zum Flughafen Genf – mit Hilfe des Navigationssystems finden wir sogar wieder problemlos zum franz. Teil.

 

Nach der Rückgabe des Mietwagens sind wir deutlich zu früh dran zum Einchecken und müssen die Zeit mit Lesen und Shoppen überbrücken.

Dann ein kleiner Rückschlag beim Einchecken in Genf mit den Mitbringsel aus Arbois: Der Weichkäse Vacherin Mont d’Or (gibt es doch auch im französischen Jura und wird aus roher Kuhmilch gemacht – im Gegensatz zum Schweizer Mont d’Or, der mit pasteurisierter Milch gemacht wird) und Kochkäse Cancoillotte (mit Vin Jaune) werden „beschlagnahmt“. Nur die festen Käse wie Comté und Morbier und die Würste gehen durch.

20:15 Abflug Genf-Wien OS576 – pünktlicher und problemloser Flug mit Ankunft in Wien um ca. 22 Uhr.