Bericht Studienreise Toskana

vom 19.-22. September 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

Donnerstag 19.Sept: Abflug Wien um 15:25 mit OS 7055, überpünktliche Ankunft in Milano vor der Planzeit 16:55. Nach Übernahme des Mietwagens Fahrt nach Florenz, die sich unerwartet langwierig (dichter Verkehr, mehrfach Stau) gestaltet:Aus einer Stunde Reserve wurde eine halbstündige Verspätung. Nach dem Einchecken im Gallery Hotel Art (Vicolo dell’oro 5, Tel:055 27263) mit dem Taxi zum Abendessen ins Ristorante ENOTECA PINCHIORRI, Eintreffen dort um ca. 21:30. Erster Eindruck etwas formell und steif. Qualität des Essens, Aufbau und Umfang der Weinkarte und die Gesprächigkeit  des Sommeliers korrigieren das aber bald.

 

Das Essen:

-          Insalata di polpa mit pochiertem Weißkraut – exzellent

-          Noci di capesante

-          Gargenelli con gamberoni – sehr exotisch, fast asiatisch, leichte Schärfe

-          Ravioli di melanzane

-          Medaglioni d’agnello – ausgezeichnetes Fleisch mit tollem Fond

-          Budino di asparagi con slasa al gorgonzola – originell, aber etwas zu geil

-          Frutti di bosca – außergewöhnlich reintönige Früchte.

Die Küche war wirklich exzellent, die Preise sind aber ausgesprochen happig (doppelt bis dreifach im Vergleich zu sonstigen Toplokalen in Italien oder natürlich vor allem auch Österreich). Bemerkenswert aber vor allem die geschmackliche Steigerung von einem Gang zum anderen, was mit zunehmenden Sättigungsgrad ja nicht gerade leicht ist.

 

Die Weine:

-          Vogüé, Chambolle Musigny, Les Amoureuses, 1999: Helles Granat, fette Schlieren. Kühles Bouquet, feine Frucht. Körper eher dünn, Säure dominiert, aber angenehm: 3+12+16+7=88 Punkte

-          San Giusto a Rentennano, Percarlo, 1997: Dunkles Granat, gute Schlieren. Süßes Holz im Bouquet. Mittlerer Körper, viel Tannin: 3+12+17+7=89 Punkte

-          Tua Rita, Redigaffi, 1999: Schwarzes Rubin, fette Schlieren, färbt das Glas. Dunkelfruchtig aufsteigendes Bouquet, extremes Holz. Voller Körper, massives Tannin. Extrem „international“ (überreife Frucht, übermäßig extrahiert, übermäßiger Holzeinsatz etc.) ausgebaut – dennoch ein toller Wein: 5+13+18+8=94 Punkte

-          Cheval Blanc, 1988: Dunkles Granat. Mittelfruchtiges Bouquet. Dünner Körper mit viel Säure, imprägnierend im Abgang. Nicht wirklich aufregend: 3+12+17+7=89

Die Weinauswahl ist wirklich riesig. Sagenhafter Umfang sowohl bei italienischen als auch französischen Weinen. Speziell faszinierend der Burgunderteil mit DRC, Leroy, Vogüé, Laurent etc. Preise wie beim Essen zwar stark überzogen, gerade bei den Burgundern aber in Relation nicht so arg.

 

Freitag 20.Sept.: Fahrt nach Colle di Val d’Elsa via Greve. Besuch der Macelleria Falorni zwecks Kauf von Speck und Würsten, dann kleiner Imbiss im Café am Hauptplatz mit Flasche Villa Cafeggio Chianti Classico 2000: Dunkles Granat mit Violettstich, Bläschen. Bouquet unauffällig. Geschmack nach roten Früchten, leichter Zweigelt-Ton. 2+11+15+5=83 Punkte.

Der geplante Besuch von Weingütern kann leider nicht realisiert werden, Weiterfahrt zum Restaurant Arnolfo ARNOLFO, Colle di Val d’Elsa, Tel:0577 920549. Nach dem Einchecken ein Spaziergang im Ort (Altstadt liegt sehr schön) und am Abend dann ins Restaurant.

Das Essen:

Eine Art traditionelles Menü (jedoch nouvelle cuisine), recht gelungen, aber ohne spezielle Höhepunkte. Der Start mit Taubenbrüstchen auf Gänseleber mit Pilzen war zwar durchaus kreativ, aber so üppig, dass der Rest des Essens etwas beeinträchtigt ist.

 

Die Weine:

-          Soldera, Case Basse, Intistieti, Brunello, 1995: Helles Rubin, fette Schlieren. Dunkelfruchtig aufsteigendes Bouquet. Vollschlanker Körper, Säure, Frucht und Tannin sehr gut ausgewogen. Wärmender Wein, sehr hoher Trinkgenuß. 3+13+18+9=93

-          Lisini, Ugolaia, Brunello, 1995: Schwarzes Rubin, fette Schlieren. Im Bouquet schwarze Frucht. Mittlerer Körper, säurebetont, Mitte fehlt, im Abgang Säure und etwas Lakritze. 4+13+16+6=89

-          Angelini, Spuntali, Brunello, 1995: Dunkles Rubin, schöne Schlieren. Leichtes Gemüsestinkerl, Majoran. Voller Körper, massive Struktur, Säure durch Tannin etwas maskiert, mächtiger Wein. 4+13+8+8=93

-          Antinori, Tignanello, 1998: Dunkles Rubin, fette Schlieren. Dezent dunkelfruchtiges Bouquet. Mittlerer Körper, etwas säurelastig, dennoch eher rund. 4+13+17+7=91

Die Weinauswahl ist nicht ganz so umwerfend wie in der Enoteca, aber vor allem bei den Italienern ausreichend. Vom Trinkgenuß her war dieser Abend aber top.

 

Übernachtung in den netten Zimmern  im Haus, höchst angenehme Lokation.

 

Samstag 21.Sept.: Fahrt retour Richtung Florenz via Greve und Panzano (Weinfest mit Präsentation der neuen Weine der Chiantigüter rund um Panzano). In einer lokalen Enoteca kaufen wir ein paar Flaschen Angelini Spuntali 95, weil der uns am Vortag so gut geschmeckt hat. Abstecher zu einer netten lokalen Gartenausstellung, u.a. mit einer Präsentation einer Unzahl unterschiedlicher Speise-Weintrauben (darunter auch eine Sorte „Bio Nero“, die ausschaut wie der Wein in der Laube in Traisen). Dann Einchecken im Hotel Le Viste (nur 4 Zimmer) in Mosciano mit Lage auf einem Hang mit tollem Blick auf Florenz (Tel. 055 768543).

Abendessen im Restaurant LA TENDA ROSSA in San Casciano um 20:30 (Anreise mit Taxi). Die Küche finden wir diesmal nicht besonders ansprechend, was möglicherweise auch mit unserer Übersättigung zusammenhängt. Dennoch: Eine eher lieblose Kombination von Zutaten der Saison (insbesondere die Pilze hängen uns bald überall heraus) wird in allzurascher Abfolge serviert. Dazu dann noch etwas Pech mit den Weinen – während sich der Großteil der Teilnehmer mit Weißwein sinnlos betrinkt, bleibt eine kleine Minderheit am Trockenen, da sich der Sommelier offensichtlich nicht vorstellen kann, dass man auch zu Vorspeisen bereits die ausgewählten Rotweine servieren könnte. Als es dann endlich soweit ist:

-          Siro Pacenti, Brunello, 1997: Die erste Flasche hat einen schleichenden Kork. Zweite Flasche: Schwarzbraunes Purpur, fetter Schlierenvorhang. Käsiges Stinkerl, das rasch wieder in sich zusammenfällt. Geschmack etwas stumpf nach Tinte und Graphit. Wenig ansprechend. 4+11+15+4=84

-          Montevetrano, IGT Campagnia, 1999: Rubin mit Violettstich, schöne Schlieren. Bouquet nach Sojasauce mit Veilchen. Im Geschmack primärfruchtig und am Gaumen prickelnd – wie ein Brausegetränk. Ein absonderlicher Wein, sehr enttäuschend. Der Abend ist gelaufen. 3+12+15+5=85

-          Castello di Ama, La Casuccia, Chianti Classico, 1988: Helles Granat mit Ziegelton. Koriander im Bouquet. Im Geschmack Säure und Tannin. Im Vergleich zu den beiden anderen Weine geradezu eine Erleichterung – angenehmer Wein. 3+12+16+7=88

Das netteste an diesem Restaurantbesuch: Wir werden von einem der Kellner mit dem Auto ins Hotel zurück gebracht, da um diese Zeit kein Taxi mehr zu bekommen ist.

Sonntag 22.Sept.:  Rückfahrt zum Airport Milano beginnt bei noch regnerischem Wetter, das sich aber bald bessert. Die Verkehrslage ist im Vergleich zur Anreise weitgehend unproblematisch, daher relativ frühe Ankunft am Flughafen. Abflug Milano verzögert sich von 17:35 auf ca. 18 Uhr, Ankunft in Wien um ca. 19:30.

 

Globaler Eindruck: Gelungene und (mit Ausnahme der etwas hektischen Anreise) gut organisierte Studienreise, wie immer an der Grenze der Aufnahmefähigkeit. Alle besuchten Restaurants weisen im aktuellen Guide Michelin 2 Sterne auf und zählen zu den besten Italiens, was zumindest zwei von ihnen auch bestätigt haben.  Abgesehen von durch Missbrauch von Zigarrenstumpen beinahe provozierten handgreiflichen Auseinandersetzungen verlief die Reise weitgehend harmonisch, einzelne Teilnehmer zeigten jedoch in der Schlußphase aufsässiges Verhalten in bezug auf die Organisation zukünftiger Events. Der bei den früheren Reisen allseits gelobte Chauffeur entpuppte sich diesmal als Verkehrsrowdy und ist im Ansehen einzelner Teilnehmer merklich gesunken.

 

Teilnehmer: Kurt Ertlbauer, Wilfried Knapp, Burkhard Maier, Manfred Srna

 

2002-09-29/Schriftführer e.h.