Institut für vergleichende Weinverkostungen - Studienreise 2004: Douro

 

Do 14.10.: 10:55 Flug Wien- Porto über Frankfurt. Ankunft ca. 16 Uhr. Übernahme Mietwagen. Fahrt in die Stadt Porto. Unterkunft im Hotel Pestana Porto, das direkt am Douro liegt - Zimmer mit Blick auf den Fluss.

 Blick aus Hotelzimmer

 

Ein Treffen mit Dirk Niepoort kam nicht zustande, der war anscheinend bereits wieder auf Reisen. Das Wetter war leider nicht sehr erfreulich - unsere erste Aktion in Porto war der Kauf von Regenschirmen. Nach einem kurzem Spaziergang in der Altstadt mit Besuch einer Portwein-Bar (mit betrunkenem Theaterdirektor von Porto) mit dem Taxi zum Restaurant Bull&Bear (Empfehlung von Dirk Niepoort). Essen sehr gut, aber eher internationale Küche. Dazu eine Flasche Batuta 1999, von der wir aufgrund der hohen Erwartungen jedoch eher enttäuscht waren:

 

1999 Niepoort, Batuta, Douro Tinto, Portugal: Schwarzes Purpur, dichte Schlieren, Bläschen im Rand, färbt das Glas. Eher holzig opulente Nase, etwas fett, Spur Kaffee. Vollschlanker Körper, tanninreich, leichte Säure, etwas Portweinfrucht, Spur heiss, nicht sher gut ausgewogen. Eher langer Abgang, fruchtige Säure, starke Tannine, etwas holzig, Spur heiss zum Schluss. Genereller Eindruck: Overdesigned.

Score: 50 + 4 für Optik + 12 für Bouquet + 17 für Geschmack + 7 für Gesamteindruck = Gesamtscore von 90.

 

Fr. 15.10.: Bei etwas besserer Witterung nochmals kleiner Spaziergang durch die Altstadt von Porto.

 

 Altstadt Porto

 

Danach Besichtigung einer der großen Portweinkellereien (Sandeman) am gegenüberliegenden Ufer des Douro in der Vila Nova de Gaia.

Blick über die Altstadt von Porto und Douro auf Vila Nova de Gaia mit den grossen Portweinkellerein

 

Dann Weiterreise nach Pinhao. Nach einer kleinen Irrfahrt durch Porto (Stadt ist überaschend gross - hat immerhin fast 1 Mio Einwohner) auf die A4 und dann IP4 Richtung Vila Real, danach bereits mitten durch die Weinberge zum Douro, weitere Strecke direkt am Ufer des Douro entlang  nach Pinhao. Schöne Fahrt trotz trüben Wetters.

 

 Blick auf Pinhao von unserem Zimmer

 

Als erstes ein kurzer Abstecher in das Vintage House (Hotel am Douro mit Vinothek und Restaurant), dann weiter zur Unterkunft in der Quinta de la Rosa, einem kleinen Weingut etwas ausserhalb von Pinhao direkt am Douro (Besitz Familie Bergqvist).

 

 Blick auf die Quinta de la Rosa

 

Das Quartier (sog. Suite) ist zwar etwas rustikal, die Lage direkt am Douro ist aber recht nett. Die Gelsenplage hält sich jahreszeitlich bedingt erfreulicherweise in Grenzen. Direkt unter dem Zimmer führt die Eisenbahnlinie vorbei - erfreulicherweise  fährt aber in der Nacht kein Zug.

 

 Bahngleise unmittelbar vor unserem Zimmer

 

 

Zum Abendessen fahren wir ein paar Kilometer zum Casa Visconde de Chanceleiros - ein altes von deutschen Besitzern renoviertes Herrenhaus, das Zimmer vermietet und für Hausgäste auf Wunsch auch ein Abendmenü bietet. Mangels Alternativen (es gibt in Pinhao ausser dem Hotelrestaurant des Vintage House - und das war ausgebucht - eigentlich nur eine Gourmetwüste) haben wir uns dort zum Dinner angemeldet, was  zwar für etwas Überaschung gesorgt hat aber akzeptiert wurde. Das Haus macht einen recht gediegenen Eindruck und der Empfang war recht nett. Es gab Hühnchen und leider keine Weinauswahl, sondern nur einen "Hauswein" - der sich dann aber als überaschend gut erwiesen hat:

 

2001 Quinta de Senhora de Grao (bottled by Bago de Touriga), Terroso, Douro Tinto, Portugal: Mittleres Rubin, brillant. Leichtes Rumtopf Aroma (das eigenartige altmodische Weinglas aus dickem gepressten Glas ist nicht wirklich zum Entdecken spezifischer Aromen geeignet). Vollschlanker Körper, eher prominente Portweinfrucht, angenehme Säure, starke Tannine. Eher fruchtiger Abgang, am Ende etwas dünn. Für 8 Euro ein toller Wein. Rebsorten Touriga Franca, Tinta Roriz, Tinta Barrocca. 13% Alcohol.

Score: 50 + 4 für Optik + 12 für Bouquet + 17 für Geschmack + 7 für Gesamteindruck = Gesamtscore von 90.

 

 

Sa. 16.10.: Nach dem Frühstück gab es eine Besichtigung der Kellerei der Quinta de la Rosa und eine Verkostung einiger Weine. Der Jahrgang 2004 hat die (alkoholische aber noch nicht die malolaktische) Gärung bereits abgeschlossen und wir konnten eine Cuvée Vinhos Velhos und den Touriga Nacional und Touriga Franca sortenrein und auch den Portwein verkosten - sehr interessant, aber eine Beurteilung zu diesem Zeitpunkt ist wohl nur Kellermeistern möglich. Den Kellermeister Jorge Moreira haben wir  übrigens nicht getroffen - die diesjährige Ernte ist bereits abgeschlossen und fast alle Mitarbeiter der Quinta haben frei.

 

Danach ins Vintage House um ein paar Weine in der Vinothek zu kaufen und dann auf ein kleines Mittagessen mit einer Flasche Poeira 2001. Kurt ist etwas in Panik, weil das Restaurant am Abend wieder ausgebucht zu sein scheint und erreicht mit Hard Selling Methoden ("Wir müssen jetzt entscheiden, am Abend ist es zu spät ..."), dass wir für diesen und den folgenden Abend einen Tisch zugesichert bekommen. Damit ist wenigstens das „Überleben“ gesichert - die Alternative, dass wir uns auf der Quinta bekochen lassen, haben wir eher nicht in Betracht gezogen.

 

2001 Moreira, Poeira, Douro Tinto, Portugal: Mittleres Purpur, brillant, kleine Bläschen im Rand, fette Schlieren, färbt leicht das Glas. Sehr zurückhaltende feine dunkelfruchtige Nase, schwarzer Pfeffer. Mittlerer bis vollschlanker Körper, etwas dezente Portweinfrucht, feine Säure, starke Tannine, sehr gut ausgewogen, etwas Lakritze. Trotz eines eher kurzen Abgangs lang anhaltender Nachgeschmack, feine dunkle Fruchtsäure, imprägnierende Tannine. Vielleicht nicht sehr elegant, aber mit großem Vergnügen zu trinken.

Score: 50 + 4 für Optik + 13 für Bouquet + 18 für Geschmack + 7 für Gesamteindruck = Gesamtscore von 92.

 

 Vintage House in Pinhao

 

Dann fahren wir auf gut Glück (wir konnten vorweg keinen Termin  fixieren) zur Quinta do Crasto und kommen trotz verschlossenem Tor wegen Bauarbeiten (für eine wesentliche Erweiterung der Kellerei – wie auf dem Foto zu erkennen ist, anscheinend zu Lasten eines der besten Weingärten: Maria Teresa. Da dürften etliche Rebenzeilen zugeschüttet worden sein) auf das Gelände des Weinguts und Treffen dort einen der Besitzer Tomas Roquette der uns eine kurze Führung macht und eine Flasche Wein schenkt, um uns wieder loszuwerden (leider nicht den Vinha Maria Teresa – den gibt es nur in besonders guten Jahrgängen und ist komplett ausverkauft, aber immerhin die Reserva 2001).

 

 

 

Eine Besichtigung des berühmten Swimmingpools durfte natürlich auch nicht fehlen.

 

Das Abendessen im Vintage House ist recht ansprechend (wir nehmen u.a. einen Wildschwein-Eintopf mit Maroni und schwarzen Oliven) und trinken dazu den Rest vom Poeira (hat sich gut gehalten, aber auch kaum weiter entwickelt) und eine Flasche Duas Quintas Reserva 2001 - eine sehr runde Sache.

 

2001 Moreira, Poeira, Douro Tinto, Portugal: Nach 6 Stunden in der halb vollen Flasche (rück- dekantiert und wieder verkorkt): Nach wie vor in guter Form, aber keine signifikante Entwicklung feststellbar. Die Nase ist jetzt etwas harzig. Sehr gutes Match mit dem Schokoladedessert.

 

2000 Duas Quintas, Reserva, Douro Tinto (bottled by Ramos Pinto), Portugal: Mittleres Purpur, brillant, dunkler Kern, fette Schlieren, färbt das Glas. Leicht laktische Nase mit Kaffeenote, kühl aufsteigender Alkohol. Mittlerer Körper, nette Säure, dezente dunkle Frucht, feine aber intensive rauchige Tannins, seidig glatt. Kräftiger Abgang, etwas Fruchtsäute, imprägnierende Tannine, etwas heiss. Sehr gute Kombination mit dem Wildschwein-Eintopf mit Maroni und schwarzen Oliven.

Score: 50 + 4 für Optik + 13 für Bouquet + 17 für Geschmack + 8 für Gesamteindruck = Gesamtscore von 92.

 

So. 17.10.: Wieder mit eher geringen Erwartungen (es ist erstens Sonntag und wir konnten auch hier keinen Termin vorweg vereinbaren) fahren wir zur Quinta do Vale Dona Maria und finden die Einfahrt offen und ein freundlicher Arbeiter des Weinguts nimmt uns mit und zeigt uns die Kellerei und die Weingärten - obwohl er kein Wort Englisch spricht ist das sehr informativ. Wir sehen u.a. einen Automaten für das Treten der Maische, das bisher durch Mitarbeiter erfolgte. Sandra Tavares, die Kellermeisterin auf Vale D. Maria treffen wir zwar nicht, die Erwähnung Ihres Namens hat allerdings für freundliche (wenn auch mit Sprachproblemen verbundene) Aufnahme gesorgt – wir konnten sowohl die Kellerei als auch die Weingärten besichtigen. Neben dem Treten der Maische ist insbes. das Gären in offenen Lagares und Tanks (mit Kühlung zur besseren Kontrolle der Gärung) bemerkenswert - bei uns ist ja der Luftabschluss während der Gärung selbstverständlich.

 

 

 

Insgesamt ist die Kombination traditioneller Einrichtungen wie z.B. Lagares und offene Gärung mit moderner Technik wie Temperaturkontrolle, diversen Automaten und Ausbau in Barriques hoch interessant. Die Weinstöcke haben teilweise ein beeindruckendes Alter.

 

 Alte Rebstöcke auf Vale Dona Maria

 

Weiter geht es durch die immer wieder beeindruckende Landschaft wieder auf gut Glück zu Wine & Soul (Sandra Tavares und Jorge Borges machen hier den Pintas) in Vale de Mendiz. Wir finden zwar das scheunenartige  "Weingut", treffen aber niemand an. Trotzdem ein netter Ausflug.

 

 Etwas ärmliche Heimat des Pintas

 

Das Weinbaugebiet Douro ist von einer beeindruckenden Größe (wir haben ja nur einen kleinen Teil besucht und der allein war immens ausgedehnt) und trotz der immensen Fläche unter Wein kommen wir regelmäßig an neuen Pflanzungen bzw. an „Baustellen“ vorbei, wo gerade mit Bulldozern Terrassen auf den Hängen neu errichtet werden. Dort wo die Hänge nicht extrem steil sind, gibt es häufig aber auch schon vertikale Weinzeilen, die besser zu bearbeiten sind und den Platz besser nützen. Bei aller Unterschiedlichkeit der Bodenverhältnisse überwiegt extrem steiniges Schiefergeröll.

 

 

 

Dann zurück nach Pinhao ins Vintage House auf ein Glas Port und ein paar Nüsse und Mandeln (und eine Zigarre für Kurt). Für den Abend wählen wir uns zwei Weine aus (Quinta da Gaivosa 1995 und Quinta do Crasto 1994), damit sie rechtzeitig dekantiert werden können.

 

Das Abendessen selbst ist eine (selbst ausgesuchte) eher deftige Angelegenheit: Diverse lokale Würste, ein im roten Paprika geschmortes „Schwarzes Schwein“ und eine Platte mit lokalen Käsen.

 

Beide Weine zeigten sich recht interessant und mit großem Stehvermögen. Der Crasto war deutlich besser zum Schweinefleisch und der Gaivosa passte wieder sehr gut zum Käse.

 

1994 Quinta do Crasto, Douro Tinto (bottled by Finagra), Portugal: Mittleres brillantes Rubin, heller Rand, fette Schlieren. Schöne reife Nase, leichter bis mittlerer Bauernhof (erinnert an Jamet 1991), aufsteigender Alkohol. Schlanker und etwas weicher Körper, rote fruchtige Note, angenehm leichte Säure, in der Mitte etwas dünn. Kurzer Abgang, leicht säuerlich, dezente Tannine.

Sehr gute Kombination mit einem eher deftigen Braten vom schwarzen Schwein mit rotem Paprika und Gemüse, nicht so gut mit Käse.

Score: 50 + 3 für Optik + 14 für Bouquet + 17 für Geschmack + 6 für Gesamteindruck = Gesamtscore von 90.

 

1995 Quinta da Gaivosa, Douro Tinto, Portugal: Dunkles rubin, dunkler Kern, fette Schlieren, heller Rand. Seidige dunkle Nase, etwas Soja Sauce und Liebstöckl, Spur von Senkgrube, Honigwaben. Mittlerer Körper, etwas aufdringliche glatte dunkle Frucht, Andeutung von Portwein-Frucht, Säure und Tannine gut ausgewogen. Abgang mit etwas fetter dunkler Frucht, leicht chemische Note, feine weiche Tannine.

Nicht so gut mit dem schwarzen Schwein, dafür aber exzellent mit einer Platte gemischtem lokalen Hartkäse.

Score: 50 + 3 für Optik + 13 für Bouquet + 17 für Geschmack + 7 für Gesamteindruck = Gesamtscore von 90.

 

Mo. 18.10.: Gleich in der Früh retour nach Porto zum Flughafen. 11:45 Abflug (mit leichter Verspätung) nach Wien mit Ankunft am späten Nachmittag.

 

 

Insgesamt eine höchst unterhaltsame und informative Studienreise. Die Bevölkerung scheint allerdings nach wie vor sehr arm zu sein, der Tourismus ist noch sehr unterentwickelt bzw. geht an der lokalen Bevölkerung vorbei (Touristenschiffe am Douro mit Kabinen und Restaurant). Die Infrastruktur an Hotels und vor allem Restaurants ist jedenfalls noch sehr unterentwickelt bis nicht vorhanden.

 

Und als "Beute" haben wir etliche Flaschen Rotwein für eine zukünftige Douro-Verkostung mit nach Hause gebracht

 

 

2004-10-20/Schriftführer e.h.